Wieder geht es bei Induzierter Seismizität vorrangig um Disposalbohrungen
13.10.2014
Induzierte Seismizität
Vorstellung der Publikation „The 2001-Present Induced Earthquake Sequence in the Raton Basin of Northern New Mexico and Southern Colorado” von Prof. Dr. Horst Rüter
Der im Oktober 2014 von Justin L. Rubinstein, William L. Ellsworth, Arthur McCarr und Harley M. Benz veröffentlichte Artikel hat keinen direkten Bezug zur Schiefergarförderung sondern befasst sich mit der Seismizität, die bei der Verbringung von Lagerstättenwasser, das bei der Flözgas-Produktion mitgefördert wurde. Er ist dennoch hier interessant, da es bei der Seismizität im Zusammenhang mit Disposalbohrungen ja unerheblich ist, wo das verbrachte Abwasser letztlich her kam.
Disposalbohrungen rücken bei der Betrachtung seismischer Risiken immer mehr in den Vordergrund, nachdem 1966 erstmals von Ereignissen in Rocky Mountain Arsenal, Denver, Colorado berichtet wurde, und 1976 über gezielte Experimente im Rangley Oil Filed, Colorado, wobei eine deutliche Korrelation mit den Disposalraten festgestellt wurde. Weitere Beispiele sind: Prague, Oklahoma, 2011, M5,7; Youngstone, Colorado, 2011, M4,0; Paradox Valley, Colorado, M4,4; Guy-Greenbeer, Arkansas, M4,7. Die Untersuchungen im Raton Becken ergänzen diese bisher veröffentlichten Befunde.
Im Raton Becken, das auf der Grenze zwischen Colorado und New Mexico in den USA liegt wurde von 1862 bis 2002 Kohleflöze abgebaut. Überlappend erfolgte von 2001 bis heute der Abbau von Flözgas (CBM) und zwar vorwiegend aus Flözen der Raton-, Vermejo- und Trinidat- Formation in 200-800 Metern Tiefe. Bei der CBM Förderung wird immer Wasser in erheblichen Mengen mitgefördert (der Artikel nennt keine Relation der Mengen Gas/Wasser), das entsorgt werden muss. Im Raton Becken können nur kleine Teile des Wassers ohne weitere Aufbereitung (in die Vorflut) entsorgt werden der Großteil muss wegen seiner chemischen Zusammensetzung unterirdisch entsorgt werden. Innerhalb des Raton Beckens erfolgt dies über eine Vielzahl (>20) von Disposalbohrungen in die dazu geeignete Dakota Formation, einen konklomeratischen Sandstein in 1.250 bis 2.100 Metern Tiefe. In dieser Formation besteht ein Unterdruck, so dass die Entsorgung in den meisten Fällen rein gravitativ also ohne zusätzlichen Druck am Bohrungskopf erfolgen konnte.
Das Raton Becken hat zwar eine natürliche Seismizität; aus der Zeit vor 2001 ist allerding nur ein Beben >M3,8 bekannt. In der Zeit der Wasserverbringung (2001 bis heute) sind dagegen 16 Ereignisse >M3,8 aufgetreten mit dem Maximum M5,3 am 23.08.2011. Ähnliche Zuwachsraten gelten auch für Ereignisse anderer Magnitudenklassen. Die Autoren untersuchen ausführlich, ob es einen Zusammenhang zwischen der Wasserverbringung und der Seismizität gibt. Als Ergebnis wird festgehalten, dass ein solcher Bezug für ein Einzelereignis schwer zu erbringen ist. Genaue Kenntnisse über die im Herdvolumen vorhandenen Bedingungen wären nötig und zwar über das Spannungsfeldes, die Reibungwiderstände, Einpressdrucke, Einpressraten, Einpressvolume und darüber hinaus genau Ereignislokalisierungen. Aus diesem Grund konzentriert sich der Artikel darauf, zu zeigen, dass der Anstieg der Ereignisse als solcher induziert ist. Die, auch mögliche, Annahme, dass schon die Wasserentnahme Ereignisse induzieren könnte wird ausgeschlossen, da die, durch Modellrechnung ermittelten Spannungsänderungen mit 4kPa abgeschätzt werden können und allgemein angenommen wird, dass mindestens 20 kPa für eine Triggerung notwendig wären. Es wird also eindeutig geschlossen, dass die Verbringung der Wässer in die Dakota Formation die Mehrzahl der Ereignisse (2011- heute) getriggert hat.
Über die eingebrachten Wassermengen und die Verbringunsgraten werden Daten vorgelegt. Sie liegen bei bis zu 2 Mio. Barrel/ Monat (1 m3 = 6,29 Barrel). Es zeigt sich, dass die Ereignisraten der Beben zeitlich den Verbringungsraten folgen. Eine Korrelation der Magnituden mit den Verbringungsraten oder den kumulativ verbrachten Wasservolumina kann nicht gesehen werden.
Die Ortungen der Ereignisse ergeben eine deutliche Zuordnung zu den Disposalbohrungen, aber auch zu angegebenen Störungssystemen, wobei zu beachten ist, dass die Ortungsgenauigkeit zunächst sehr klein war (+- 15km) und erst nach der Errichtung eines lokalen Netzes besser wurde. Die Tiefenortung ergibt für die meisten Ereignisse in 4-6 km Tiefe (also im Grundgebirge), wobei dann wenn keine Tiefenangabe möglich war 3,5 km Tiefe angenommen wurde, wobei anzumerken ist, dass die Disposalbohrungen weniger als 2km tief waren. Die Autoren führen aus, dass es keine hydraulische Verbindung zwischen der Dakotaformation und dem Grundgebirge gibt, da in den Tiefen dazwischen mehrere hydraulische dichte Schichten liegen. Die Autoren können auch keine verbindenden Störungen sehen, es ist aber offensichtlich, dass das Störungsinventar wenig bekannt ist und offensichtlich Erkenntnisse aus den Bohraktivitäten der Unternehmen nicht zur Verfügung standen. Eine Erklärung, ob und wie Ereignisse im wesentlich tieferen Grundgebirge durch Wasserinjektioin in Hangendsedimente getriggert werden können, wenn es keine hydraulische Verbindung gibt, geben die Autoren nicht.
Schlussfolgerungen:
- Genau wie bei der Schiefergasförderung ist auch bei der Flözgasförderung in Bezug auf Seismizität die Verbringung von mitgefördertem Wasser der kritische Betriebsabschnitt.
- Die Ereignisrate der Erdbeben folgt zeitlich der Verbringungsrate des Wassers.
- Ereignisrate und Magnituden sind nicht abhängig vom kumulativ verbrachten Wasservolumen.
- Bei Disposalbohrungen können Ereignisse auch getriggert werden wenn kein zusätzlicher Injektionsdruck aufgebracht wurde.
- Es bleibt herdmechanisch unklar, wie Ereignisse im Grundgebirge getriggert werden können, Kilometer unterhalb der Formation in die injiziert wurde, wenn keine hydraulische Verbindung besteht.
- Da es allein in den USA viele Tausend Disposalbohrungen gibt bei denen keine Seismizität induziert wurde, bleibt die Frage offen, warum hier 13 Jahre lang Beben getriggert werden durften mit einer maximale Magnitude von 5,3 und nicht das Wasser anders oder woanders entsorgt werden musste.