Fracturing-Flüssigkeiten: Zusammensetzung und Nutzung

Flüssigkeiten, die bei der Methode des Hydraulic Fracturing zum Einsatz kommen, heißen Fracturing-Flüssigkeiten (auch: Frack-Flüssigkeiten, Fracturing Fluide). Sie werden nach dem Bohren einer Schiefergasbohrung unter hohem Druck in das Bohrloch gepresst, um auf diese Weise gezielt Risse in den gasführenden Tonsteinen zu erzeugen.

Durch das Netzwerk der künstlich erzeugten feinen Risse im Gestein kann das Erdgas zur Bohrung strömen und gefördert werden. Vor der Gasproduktion müssen jedoch die Fracturing-Flüssigkeiten wieder aus dem Bohrloch entfernt werden. Dazu wird der Druck in der Bohrung nach der Rissbildung verringert. Während dieser sogenannten Rückfluss-Phase (Flowback) fließt ein Teil der Flüssigkeiten zurück an die Erdoberfläche, wo er gesammelt, aufbereitet oder entsorgt wird. Eine unterschiedlich großer, aber beachtlicher Anteil der Fracturing-Flüssigkeiten verbleibt jedoch im Gestein.  

Fracturing-Flüssigkeiten = Basisflüssigkeit + Stützmittel + Zusatzstoffe

Es gibt sehr viele unterschiedliche „Rezepturen“ für Fracturing-Flüssigkeiten. Für das Hydraulic Fracturing von Tonsteinen werden in der Regel sogenannte “Slickwater” Fracturing-Flüssigkeiten eingesetzt. Dabei handelt es sich um Flüssigkeiten auf Wasserbasis, die chemische Zusatzstoffe sowie Stützmittel enthalten. Der Begriff „Slickwater“ bedeutet, dass die Fracturing-Flüssigkeit eine geringere Viskosität als normales Wasser hat und deswegen „besser“ fließt. Dies ist für die Verringerung der Reibung im Bohrloch während des Einpressens wichtig. Dieser Effekt wird durch den Zusatz von Reibungsminderern erreicht.

Slickwater Fracturing-Flüssigkeiten enthalten gewöhnlich 98-99 Vol% Wasser, 1.0-1.9 Vol% Stützmittel sowie <1 Vol% Zusatzstoffe (King, 2012). Für eine einzelne Bohrung sind ca. 10.000-25.000 m3 Wasser notwendig (Broomfield, 2012). Als Stützmittel werden kleine Körnchen aus Sand oder Keramik verwendet, die sich während des Fracturing-Prozesses in den entstandenen Rissen des Tonsteins ablagern. Die Stützmittel helfen, die Risse auch nach dem Fracturing-Prozess offenzuhalten. Weitere chemische Zusatzstoffe (s.u.) sind in der Regel nötig, um Hydraulic Fracturing in Tonsteinen erfolgreich durchführen zu können.

Chemische Zusatzstoffe: Mengen und Arten

Die Anzahl und Mengen der während des Hydraulic Fracturing eingesetzten Chemikalien variieren je nach den geologischen Gegebenheiten einer Region sowie den Eigenschaften und der Tiefe der Tonsteine. Deshalb gibt es eine große Vielfalt an chemischen Zusatzstoffen. Tabelle 1 gibt hierzu einen Überblick.


Tab. 1: Überblick über die häufig eingesetzten chemischen Zusätze.

Stoffklasse Anwendungszweck Beispiele
Biozid Verhindert Bakterienwuchs Terpene, Isothiazolinone (z.B. 1,2-benzisothiazol-3-(2H)-one oder 2-methyl-4-isothiazolin-3-one)
Puffer pH-Kontrolle Anorganische Säuren und Basen (z.B. Flusssäure, Ammoniumbisulfit)
Kettenbrecher Verringerung der Viskosität, verbesserte Rückholung der Fluide Sulfate, Peroxide (z.B. Ammoniumpersulfat, Kalziumperoxid)
Korrosionsschutz Schutz der Anlage, Ausrüstung und des Bohrrohres Säuren, Alkohole, Sulfite, (z.B. 2-Butoxyethanol, Aminbisulfit)
Quervernetzer Unterstützende Gelausbildung, Erhöhung der Viskosität zum leichteren Sandtransport Borate, Übergangsmetalle in Kombination mit Komplexbildnern (z.B. Zirkoniumoxide, -sulfate)
Reibungsminderer Verringerung der Reibung beim Einpumpen des Fracturing Fluids Polyacrylamid, Petroleumdestillate, z.B. Aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol)
Gelbildner Unterstützende Gelausbildung, Erhöhung der Viskosität zum leichteren Sandtransport, idealer Stützmitteltransport Guarkernmehl, Hydroxyethylzellulose, Polymere (z.B. Acrylamidcopolymer, Vinylsulfonat)
Ablagerungshemmer Verhinderung von mineralischen Ablagerungen in der Bohrung Säuren, Phosphonate, (z.B. Dodecylbenzol, Sulfonsäure, Kalziumphosphonat)
Tenside Emulsionsbildung und Salinitätstoleranz Amine, Glykolether, Nonylphenolethoxylate

 

Allerdings wird in der Regel jeweils nur eine geringe Anzahl von Zusätzen für eine einzelne Bohrung genutzt. Ein allgemeines Beispiel zu möglichen Zusätzen und deren Mengen wird in Abb. 1 gezeigt. Tatsächlich eingesetzte Fracturing-Flüssigkeiten können aber gegebenenfalls deutlich in ihrer Zusammensetzung abweichen (siehe Abb. 2).

Allgemeines Beispiel der Zusammensetzung eines Fracturing FluidsAbb. 1: Allgemeines Beispiel der Zusammensetzung eines Fracturing Fluids. Zusätze wie Reibungsminderer und Biozide kommen häufig zum Einsatz, andere Zusätze deutlich seltener (King, 2012). Quelle: Shale gas extraction in the UK: a review of hydraulic fracturing (2012).

Abb. 2: Zusammensetzung von tatsächlich in Europa eingesetzten Fracturing-Flüssigkeiten. Links: ExxonMobil Deutschland, 2008 ( Bohrung “Damme 3”); Rechts: Cuadrilla, Großbritannien, 2011.

Verwendung der Zusatzstoffe

Während des Hydraulic Fracturing kommen die eingesetzten Zusatzstoffe nicht alle gleichzeitig zum Einsatz (U.S. EPA, 2011). Und auch nicht alle der unten aufgeführten Schritte kommen bei jeder Bohrung zum Einsatz:

  1. Eine Säurebehandlung – oft in Verbindung mit Korrosionsschutzmitteln – reinigt die Bohrung vor dem Hydraulic Fracturing.
  2. Während des Einpressens der Fracturing-Flüssigkeit werden Reibungsminderer zur Optimierung der Pumpraten genutzt. Stützmittel werden beigemischt, mitunter zusammen mit Gelbildnern und Quervernetzern, um einen bestmöglichen Transport der Stützmittel zu erreichen.
  3. Nach der Rissbildung im Gestein  kommen mitunter Kettenbrecher zum Einsatz, um die Viskosität der Fracturing Fluide zu verringern und den Rücktransport aus der Bohrung zu erleichtern
  4. Manchmal werden weitere Chemikalien beigemischt. Biozide und Ablagerungshemmer dienen dazu, Bakterienwachstum oder Mineralbildungen zu vermeiden, welche die Produktionsleistung einer Gasbohrung verschlechtern können. Puffer werden gebraucht, um das Zusammenwirken der eingesetzten Chemikalien unter den gegebenen geochemischen Bedingungen sicherzustellen. Tenside reduzieren die Oberflächenspannung der Fracturing Fluide.

Veröffentlichung der Zusammensetzung von Fracturing-Flüssigkeiten

Von den Produzenten von Schiefergas wird seit einiger Zeit gefordert die Zusammensetzung und die verwendeten Stoffmengen der eingesetzten Fracturing-Flüssigkeiten vollständig offenzulegen. Weil einige der früher oder heute eingesetzten Zusatzstoffe in Reinform gefährlich oder giftig sind, ist das einer der wichtigsten Streitpunkte in der öffentlichen Debatte. Industrieunternehmen haben bisher nur langsam reagiert, aber einige Firmen veröffentlichen diese Daten.

Das ist zum Teil darauf zurückzuführen dass die Veröffentlichung in einigen Bundesstaaten in den USA vorgeschrieben wurde. Für viele Schiefergas-Bohrungen in den USA und in Kanada sind Zusammensetzungen von verwendeten Fracturing-Flüssigkeiten und andere Bohrungsdaten über die Website FracFocus zugänglich (U.S. / Kanada). In den USA sind bereits ca. 35.000 Bohrungen registriert (Stand Januar 2013). Allerdings wurde die FracFocus Initiative auch kritisiert: Bohrdaten sind zum Teil lückenhaft und die Unternehmen können Geschäftsgeheimnisse geltend machen und auf diese Weise die vollständige Offenlegung der Zusammensetzung von Fracturing-Flüssigkeiten umgehen.

Die Zusammensetzungen von Fracturing-Flüssigkeiten, die in Europa bisher eingesetzt wurden, sind z.B. auf den Websites von Cuadrilla (Hydraulic Fracturing in Großbritannien), von BNK (Hydraulic Fracturing in Polen) und von ExxonMobil (Hydraulic Fracturing in Deutschland) zugänglich. Die meisten der von ExxonMobil veröffentlichten Zusammensetzungen beziehen sich auf Hydraulic Fracturing in sog. „tigh gas“ Erdgaslagerstätten, in Tonsteinen wurde diese Technologie in Deutschland bisher nur einmal eingesetzt (ExxonMobil Bohrung „Damme 3“).
Auch der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG) stellt auf ihrer Info-Plattform Informationen von eingesetzen Frac-Fluiden in tight gas Lagerstätten in Deutschland (ExxonMobile, RWE Dea, GDF Suez) zur Verfügung. Seit dem Sommer 2013 gibt es vom Internationalen Verband der Erdöl- und Erdgasproduzenten (International Association of Oil and Gas Producers, OGP) eine web-basierte europäische Plattform NGS Facts (Natural Gas from Shale - hydraulic fracturing Fluid and Additive Component Transparency Service), auf der die eingesetzten chemischen Fracking-Additive bei der Förderung von Schiefergas veröffentlicht werden.


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