Widersprüchliche Studien zum Einfluss von Schiefergas auf das Klima
Autor: Thorsten Warneke
Institut für Umweltphysik, Universität Bremen
Publiziert: 23. Oktober 2014
Zwei kürzlich veröffentlichte Artikel (Howarth, R.W. (2014) and Heath et al (2014)) gelangen zu einer unterschiedlichen Einschätzung, wenn es um den Einfluss von Schiefergas auf das Klima geht. Erdgas wird im Allgemeinen als klimafreundlicher eingeschätzt als Kohle und Öl. Der Grund dafür ist, dass Erdgas weniger Kohlendioxid als Kohle oder Öl freisetzt. Allerdings ist Methan ein sehr starkes Treibhausgas und Hauptbestandteil von Erdgas: Methanlecks während des Lebenszyklus von Erdgas heben möglicherweise die Vorteile auf, die Erdgas im Vergleich zur Kohle für das Klima bietet. Man schätzt, dass Erdgas nur dann im Vergleich zu Kohle vorteilhafter für das Klima ist, wenn die Lecks unter etwa 3 % liegen (Alvarez et al. schätzten den Wert auf 3,2%, aber dieser Wert muss revidiert werden, wenn man die aktuellen Treibhauspotenziale von Methan heranzieht).
Im Artikel von Heath et al. werden die Schätzwerte zu den durch Schiefergas während des Lebenszyklus bei der Stromerzeugung freigesetzten Treibhausgasen in Einklang gebracht. Im Wesentlichen haben sie die bestehende Literatur zu im Laufe des Lebenszyklus bei Erdgas freigesetzten Treibhausgasen geprüft und die Ergebnisse vergleichbar gemacht. Ihre wesentlichen Schlussfolgerungen lauten, dass durch Schiefergas und konventionell produziertes Erdgas ungefähr gleich viele Treibhausgase freigesetzt werden und diese etwa der Hälfte der durch Kohle freigesetzten Treibhausgase entsprechen.
In einem zweiten Artikel kommt Howarth zu der Schlussfolgerung, dass die Menge der während des Lebenszyklus von Erdgas freigesetzten Treibhausgase höher ist als die von Kohle oder Öl.
Wie kann es sein, dass zwei Studien veröffentlicht werden, die zu sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen im Hinblick auf den Einfluss von Erdgas auf das Klima gelangen? Dies hängt damit zusammen, dass nur unzureichende Daten zu Treibhausgasemissionen durch Erdgas vorliegen, um eine eindeutige Schlussfolgerung ziehen zu können. In der Studie von Heath et al. werden im Wesentlichen Schätzwerte zu Treibhausgasemissionen aus Studien vor 2012 zusammengetragen, die sich auf das Wissen zu Treibhausgasemissionen zu dieser Zeit stützen, wohingegen die Schlussfolgerungen von Howarth auf kürzlich durchgeführten Studien basieren, in denen über erhebliche Methanemissionen aus Gebieten berichtet wird, in denen Erdgas produziert wird. Diese Studien wurden von Heath et al. nicht berücksichtigt. Aus zwei Gründen kann keine dieser kürzlich durchgeführten Studien ausreichende Belege für eine abschließende Bewertung liefern: entweder werden die Emissionen für räumlich große Gebiete angegeben, in denen sie nicht notwendigerweise allein dem Erdgas zugeschrieben werden können, oder die Messungen wurden innerhalb räumlich kleiner Gebiete und über kurze Zeiträume hinweg durchgeführt, und es ist unklar, in welchem Ausmaß diese Messungen extrapoliert werden können.
Wenn in den nächsten Jahren mehr Messungen durchgeführt werden, ist eine zuverlässigere Schätzung der Methanemissionen durch Erdgas während des Lebenszyklus möglich. Derzeit ist diese Frage jedoch wissenschaftlich noch ungeklärt. Ein anderer Punkt, in dem sich die beiden Studien unterscheiden, ist der für die Treibhauspotenziale berücksichtigte Zeitraum. Dies ist wichtig, weil die Treibhauspotenziale von Methan im Vergleich zu Kohlendioxid umso höher sind, je kürzer der Zeitraum ist. Es wäre besser, wenn für zukünftige Studien mehrere zeitliche Rahmen berücksichtigt würden, weil die Auswirkungen auf das Klimasystem wichtig sind.