Das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen: Schiefergasüberwachung
Mike Stephenson, British Geological Survey
Januar 2014
Überwachung und Regulierung sind entscheidende Faktoren, wenn es darum geht eine geordnete und nachhaltige Energiegewinnung zu gewährleisten und das Vertrauen öffentlicher Investoren zu gewinnen. Beim Thema Schiefergas ist öffentliches Vertrauen besonders wichtig. Die europäische Öffentlichkeit hat derzeit wenig Vertrauen in Schiefergas, so dass Protestaktionen keine Seltenheit sind. Von Firmen und Anhängern der Schiefergasgewinnung werden diese Proteste zwar meist als ‘"Nimbyismus" abgetan; dennoch reichen sie aus, die Entwicklung zu verlangsamen oder möglicherweise sogar ganz aufzuhalten.
Vor zwei Monaten besuchte ich eine Ölsand- und Schiefergasanlage in Alberta, Kanada. Alberta hat enorme Ressourcen, steht jedoch vor dem Problem, die Einwohner Kanadas von deren Nachhaltigkeit überzeugen zu müssen, da die Gewinnung von Ölsanden ebenso wie von Schiefergas Auswirkungen auf die Atmosphäre, die Tier- und Pflanzenwelt und den Wasserhaushalt hat. Die neue Agentur für Umweltüberwachung, die ‘Alberta Environmental Monitoring Agency' hat die Aufgabe, Umwelteinflüsse detailliert zu überwachen und wissenschaftlich glaubwürdige, verfügbare, wirtschaftsunabhängige Echtzeitdaten zu liefern. Diese Daten, so hofft man, sollen das öffentliche Vertrauen in eine nachhaltige Verwaltung dieser Ressourcen stärken. Probleme würden so unverzüglich bekannt werden.
In Europa hat man ernsthafte Zweifel, ob es sinnvoll ist, großflächig in einen anderen fossilen Energieträger wie Schiefergas zu investieren. Viele Experten sind allerdings der Meinung, dass Schiefergas in den nächsten Jahren eine Übergangslösung zu kohlenstoffarmen Energien darstellen könnte, besonders wenn es die Elektrizitätserzeugung durch Kohlekraftwerke verdrängt. Um jedoch den Startschuss zu geben brauchen Großbritannien und Europa ein umfassenderes Überwachungssystem, damit Arbeiten unter der Oberfläche für die Öffentlichkeit zufriedenstellend verwaltet werden können. Das Überwachungssystem sollte über den tatsächlichen Bohrort hinaus das gesamte geologische Becken berücksichtigen, besonders bei intensiver Bewirtschaftung des Untergrunds. Die Überwachung sollte unter Zuhilfenahme von unterirdischen Sensoren durchgeführt werden - nicht nur mikroseismische Sensoren, sondern auch Sensoren für Grundwasser und die Eigenschaften des Gesteins. Überirdisch sollten diffuse Emissionen und Oberflächenverhalten überwacht werden, z.B. durch INSAR. Ein umfangreiches Überwachungssystem dieser Art könnte viel dazu beitragen, das öffentliche Vertrauen in den nachhaltigen und sicheren Umgang mit unterirdischen Ressourcen zu stärken. Diese Art der Überwachung wäre auch geeignet für andere Arten der Energiegewinnung, bei denen die geologische Speicherung oder das Verständnis von Tiefenabflüssen eine Rolle spielt, zum Beispiel für CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), unterirdische Gasspeicher und die Entsorgung geothermischer und radioaktiver Abfälle.
In Großbritannien und Europa bestehen die entsprechenden Netzwerke teilweise schon. In Großbritannien z.B. führen der nationale Seismic Monitoring Network und der Methane Groundwater Survey des Britischen Geologischen Dienstes Messungen zur natürlichen Grundgüte durch, die als Basis dient, um herauszufinden ob nach Bohrungen Veränderungen stattgefunden haben. Zwar werden in Europa viele Untersuchungen dieser Art durchgeführt; dennoch brauchen wir eine flächendeckendere Überwachung, die auch andere Bereiche öffentlichen Interesses mit einbezieht – ein Beispiel sind diffuse Emissionen und das Thema Bodenabsenkung – und wir müssen lernen, diese Daten transparenter zu machen und offener mit ihnen umzugehen.
Beim Britischen Geologischen Dienst arbeiten wir derzeit an der Entwicklung eines Projekts namens "Energy Test Bed" . Das Projekt wird ein neues nationales Überwachungsnetzwerk, das sich auf fünf Schlüsselregionen Großbritanniens verteilen soll. Ziel ist die Entstehung natürlicher regionaler unterirdischer Laboratorien. Die Auswahl der Regionen soll anhand deren spezieller Herausforderungen im Bereich Energie und der geologischen Besonderheiten des Untergrunds erfolgen. So könnte beispielsweise der Nordwesten Englands zur Überwachung möglicher Schiefergasbohrungen ausgewählt werden, inklusive einer flächendeckenden seismischen Überwachung, Überwachung der elektrischen Widerstandtomographie flacher Grundwasserleiter, Satellitenüberwachung und geodynamischer Überwachung im Bohrloch. In Bereichen mit anderen Herausforderungen müssen vielleicht andere Mittel angewandt werden - jedoch würden die 5 natürlichen Laboratorien ein repräsentatives Spektrum geologischer und energiebezogener Verhältnisse in Großbritannien abdecken.
Durch ein derartiges Überwachungsnetzwerk würden wir viel über den Untergrund Großbritanniens dazulernen und könnten effizienter und umweltfreundlicher handeln. Es ist wichtig, dass wir alle Daten offenlegen und vollkommen transparent machen und die Öffentlichkeit dazu ermutigen sie zu verstehen.
Ein nationales Überwachungssystem in Echtzeit, das wissenschaftliche Ergebnisse transparent und effizient vermittelt, könnte viel zum öffentlichen Vertrauen in die sichere Durchführung von Schiefergasbohrungen und anderer Eingriffe in den Untergrund beitragen.