Welche Risiken gibt es?
Bei der Gasförderung aus Tonsteinen wird aufgrund ihrer geringen Durchlässigkeit Hydraulic Fracturing (hydraulische Rissbildung, mehr dazu siehe hier und hier) angewandt. Mit dieser Technologie werden ein hoher Bedarf an Frischwasser, die Erzeugung von großen Abwassermengen, induzierte Seismizität, Treibhausgasemissionen und Grundwasserverunreinigungen in Verbindung gebracht. Weitere Belastungen für die Umwelt und die Öffentlichkeit sind die große Anzahl an Bohrplätzen, Betriebslärm und ein verstärkter Lkw-Verkehr. Nicht zuletzt gibt es auch ein wirtschaftliches Risiko, nämlich für die Produzenten von Schiefergas.
Die Technologien im Bereich der Schiefergas-Erschließung haben sich in den letzten Jahren stark entwickelt und werden weiter verbessert. Einige Umweltbelastungen sind mit Hilfe dieser neuen technologischen Entwicklungen schon effektiv verringert worden. Die bekanntesten Beispiele sind die Verringerung von Treibhausgasemissionen bei der SchiefergasFörderung und die Verringerung des Frischwasserbedarfs durch vermehrtes Recycling und Wiederverwenden von Abwasser. Andere Probleme, wie zum Beispiel induzierte Seismizität, müssen bei der Forschung und Entwicklung noch stärkere Beachtung finden.
Wasserverunreinigungen
Grundwasserverunreinigungen können durch ausgelaufene Flüssigkeiten an der Oberfläche oder durch ein Leck im Bohrloch entstehen. Der Aufstieg von Flüssigkeiten durch die Gesteinsformationen zwischen der Tonstein-Formation und oberflächlichen grundwasserführenden Schichten ist prinzipiell auch möglich, jedoch sehr unwahrscheinlich.
Abwasser entsteht bei der Produktion von Schiefergas hauptsächlich in der Rückflussphase, wenn ein Teil der eingepressten Flüssigkeit, dem sog. Fracfluid, nach dem Hydraulic Fracturing wieder an die Oberfläche gelangt. Zusätzlich zu dem im Fracfluid enthaltenen Stützmittel und den Chemikalien hat das zurückfließende Wasser durch den Kontakt mit dem Tonstein eine Reihe von Elementen aufgenommen, darunter auch natürlich vorkommende radioaktive Stoffe. Dieses Wasser muss zur Wiederverwertung oder Entsorgung angemessen aufbereitet werden.
Dies kann mit heute verfügbaren Technologien erreicht werden, ist aber sehr kostenintensiv. Diese Technologien werden derzeit weiterentwickelt, um die Effizienz zu steigern und Kosten einzusparen. Dennoch kam es in der Vergangenheit in den USA bereits zu Vorfällen wie dem Ableiten von verunreinigtem Wasser in Flüsse, der Benutzung ungeeigneter öffentlicher Wasseraufbereitungsanlagen und dem Überlaufen von Abwasser durch unsachgemäße Handhabung. Diese Vorfälle müssen untersucht und beseitigt werden, und vor allem muss aus solchen Vorfällen für die Zukunft gelernt werden.
Wasserbedarf
Beim Hydraulic Fracturing werden erhebliche Wassermengen verwendet. Dieses Wasser kann aus natürlichen Quellen wie Flüssen oder aus dem Grundwasser bezogen werden. Zunehmend wird auch das zurückgewonnene Fracfluid recycelt und wiederverwendet. Der Wasserbedarf der Schiefergas-Industrie macht in aller Regel nur einen kleinen Teil des gesamten Wasserverbrauchs einer bestimmten Region aus. Dennoch muss dieser Bedarf durch die Zusammenarbeit der Industrie mit den regionalen Wasserbehörden richtig verwaltet werden. Generell stellt die Verfügbarkeit von Wasser für die Produktion von Schiefergas nur in den wasserarmen Regionen der Erde ein Problem dar.
Induzierte Seismizität
Durch das Erzeugen von Rissen im Tonstein löst das Hydraulic Fracturing Millionen sehr kleiner und lokaler seismischer Ereignisse aus. Die Betreiber profitieren in hohem Maße von diesen Ereignissen, deren Signale mit speziellen Geräten aufgezeichnet werden können: damit kann die örtliche und zeitliche Verteilung der in der Tiefe erzeugten Risse genau lokalisiert werden.
Auf der anderen Seite kann der in der Tiefe auf das Gestein ausgeübte Druck mit dem natürlich vorhandenen Spannungsfeld wechselwirken. Auf diese Weise könnten weitere seismische Ereignisse induziert werden, die größer sein können als die gewollt produzierte Mikroseismizität. Solche offenbar mit dem Hydraulic Fracturing von Tonsteinen verbundenen seismischen Ereignisse sind vorgekommen und haben trotz ihres geringen Ausmaßes große Aufmerksamkeit erregt und eingehende Untersuchungen nach sich gezogen.
Verfahren zur Verringerung des Risikos induzierter Seismizität sind im Rahmen der geothermischen Energieerzeugung entwickelt worden. Diese Praktiken können in ähnlicher Weise auf die Schiefergas-Förderung angewandt werden, da bei der Energieerzeugung aus Erdwärme ähnliche Techniken des Hydraulic Fracturing angewendet werden. Präzises Wissen über das unter der Erde bestehende Spannungsfeld und die mechanischen Eigenschaften des Gesteins ist jedoch immer begrenzt, so dass die Verringerung des Risikos induzierter Seismizität auch in Zukunft eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe bleibt.
Treibhausgasemissionen
Wenn Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, in die Atmosphäre gelangt, kann es als starkes Treibhausgas wirken, das zur globalen Erwärmung beiträgt. In der Rückflussphase einer Schiefergas-Bohrung können große Mengen an Methan in die Atmosphäre freigesetzt werden: das an die Oberfläche zurückfließende Fracfluid bringt Erdgas mit sich, das aus dem frischen Rissen im Tonstein freigesetzt wird.
Bei der Schiefergas-Erschließung war es bis vor kurzem üblich, das in der Rückflussphase produzierte Gas in die Atmosphäre zu entlassen oder es abzufackeln. Das Abfackeln (Verbrennen) des Gases führt zur Umwandlung von Methan in das ebenfalls zu den Treibhausgasen zählende Kohlendioxid und ist deshalb aus Gründen des Klimaschutzes nicht wünschenswert. Mit heute verfügbaren Technologien, sogenannten Reduced Emission Completions (REC), kann das austretende Gas jedoch am Bohrloch aufgefangen werden. RECs werden von den Shale Gas Produzenten aus verschiedenen Gründen zunehmend angewendet. Zu diesen Gründen zählen der Umweltschutz, aber auch der Erlös aus dem Verkauf des aufgefangen Erdgases.
Wirtschaft
Eine ganzheitliche Betrachtung der Erschließung von Schiefergas muss neben den ökologischen Risiken und gesellschaftlichen Herausforderungen auch wirtschaftliche Faktoren einschließen. Die wirtschaftlichen Risiken von Schiefergas-Bohrungen bestehen darin, dass horizontale Bohrungen und Hydraulic Fracturing die Investitionskosten erheblich erhöhen . Zu den wesentlichen Faktoren bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Risiken gehören 1) unzureichend bekannte Produktionsraten der Schiefergas-Bohrungen über längere Zeiträume und 2) dauerhaft niedrige Erdgaspreise auf dem Weltmarkt. Der wirtschaftliche Erfolg von Schiefergas in den USA, von dem in letzter Zeit berichtet wurde, kann sich durchaus in der Zukunft fortsetzen, ist jedoch kein Selbstläufer.